Beschreibung
Verfahren zur Bestimmung des Bindeverhaltens von an Ziel- Molekülen spezifisch bindenden Liganden
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Bestimmung des Bindeverhaltens von an Ziel-Molekülen spezifisch an mindestens einer Bindungsstelle bindenden Liganden.
Die DE 198 14 775 AI offenbart ein Verfahren zur Bestimmung der Bindungskonstanten gelöster Stoffe und Substanzen an Oberflächen aus amphiphilen Molekülen. Dabei werden Schichten amphiphiler Moleküle an einen festen Träger gebunden, so dass sich eine festkörperunterstützte Membran ausbildet. Eine de- finierte Menge dieser festkörperunterstützten Membran wird mit einer mobilen Phase in Kontakt gebracht. Die mobile Phase enthält eine definierte Menge von auf Lipidbindung zu untersuchenden Substanzen. Nach einer Inkubation werden die festkörperunterstützten Membranen von der mobilen Phase abge- trennt. Die Konzentrationen der Substanzen in der mobilen Phase oder der festkörperunterstützten Membran werden ermittelt.. Das Verfahren kann mit in unterschiedlichen Mengenverhältnissen vorliegenden festkörperunterstützten Membranen und Substanzen durchgeführt werden. Aus den dabei ermittelten Konzentrationen kann die Bindungskonstante berechnet werden.
Aus der WO 99/50669 AI ist ein Verfahren zum Durchsuchen einer Bibliothek von Verbindungen bekannt, um die relative Affinität einer Vielzahl möglicher Liganden zu einem Zielrezep- tor im Verhältnis zu einer Indikatorverbindung mittels Frontalchromatographie zu ermitteln. Dabei sind die Zielrezeptoren an der festen Phase einer Chromatographiesäule immobilisiert. Die Verbindungsbibliothek wird auf die Chro atogra-
phiesäule aufgetragen und damit zumindest teilweise äquili- briert. Anschließend wird die Indikatorverbindung aufgetragen und deren Durchbruchszeit, d.h. die Zeit bis zu deren Auftreten im Ausfluss der Chromatographiesäule, mit Hilfe der Mas- senspektrometrie bestimmt. Die Durchbruchszeit der Indikatorverbindung wird durch deren Affinität, die Affinität vorhandener Liganden zum Zielrezeptor und die Zahl der nicht durch die Liganden besetzten Zielrezeptoren beeinflusst. Aus der Veränderung der Durchbruchszeit gegenüber der vorbekannten Durchbruchszeit der Indikatorverbindung kann ermittelt werden, ob Verbindungen der Verbindungsbibliothek eine Affinität zu den Zielrezeptoren aufweisen und ob diese Affinität höher oder niedriger ist als diejenige der Indikatorverbindung.
Nachteilig ist bei diesem Verfahren, dass die Zielrezeptoren stets immobilisiert sind. Sie liegen nicht in nativem Zustand vor und lassen somit nur bedingt eine Aussage über das Bindeverhalten an nativen Zielrezeptoren zu. Ein weiterer Nachteil des Verfahrens besteht darin, dass es bei kinetischen Unter- schieden im Bindeverhalten zwischen Liganden und der Indikatorverbindung zu falschen Ergebnissen führt. Bei gleicher Affinität eines Liganden und der Indikatorverbindung zu dem Zielrezeptor würde die Affinität des Liganden zu niedrig bestimmt werden, wenn der Ligand eine langsamere Bindungskine- tik im Verhältnis zu der Indikatorverbindung aufweist. Nachteilig ist weiterhin, dass die Menge der im Bindungsgleichgewicht gebundenen bzw. nicht gebundenen Indikatorverbindung nicht bestimmt werden kann.
Die WO 01/22078 AI betrifft ein Verfahren zur Identifizierung einer aktiven chemischen Substanz aus einem Gemisch aktiver und inaktiver chemischer Substanzen, wobei eine Zielsubstanz zu dem Gemisch zugesetzt wird. Aus der aktiven Substanz und
der Zielsubstanz gebildete Komplexe werden aus dem Gemisch abgetrennt. Zur Identifizierung kann die aktive chemische Substanz aus den Komplexen freigesetzt und bspw. massenspek- trometrisch identifiziert werden. Alternativ kann die aktive chemische Substanz auch durch Vergleich je eines Chromato- gramms bzw. Massenspektrogramms des Gemischs aktiver und inaktiver chemischer Substanzen und des Gemischs nach Abtrennung des Komplexes identifiziert werden. Nachteilig ist dabei, dass jede der Substanzen des Gemischs bestimmbar sein muss.
Die WO 97/43301 A2 betrifft ein Verfahren zum Charakterisieren der an eine bestimmte Domäne bindenden Mitglieder einer kombinatorischen Bibliothek. Dabei wird die Domäne mit den Mitgliedern der kombinatorischen Bibliothek gemischt, um eine Bindung der Mitglieder an die Domäne zu erlauben. Die gebildeten Komplexe werden von ungebundenen Mitgliedern getrennt. Die gebundenen Mitglieder werden von den Komplexen eluiert und massenspektro etrisch analysiert. Schwach gebundene Mit- glieder können dabei getrennt von stärker gebundenen Mitgliedern eluiert werden. Nachteilig ist dabei, dass jedes der Mitglieder des Gemischs massenspektrometrisch bestimmbar sein muss .
Aus der WO 96/22530 AI und der US 5,891,742 A ist ein Verfahren zur Bestimmung einer an eine Zielverbindung bindenden Verbindung aus einem Verbindungsgemisch bekannt. Dabei wird die Zielverbindung mit dem Verbindungsgemisch in Kontakt gebracht. Von gebildeten Komplexen der Verbindungen mit den Zielmolekülen werden nicht gebundene Verbindungen abgetrennt. Die gebildeten Komplexe werden massenspektrometrisch analysiert. Nachteilig ist dabei, dass es erforderlich ist, dass
alle Verbindungen bzw. Komplexe des Bindungsansatzes massenspektrometrisch erfasst werden können.
Aus der WO 00/00823 AI ist ein Verfahren zum Identifizieren eines an ein Zielmolekül kovalent bindenden Liganden bekannt. Bei dem Verfahren wird das Zielmolekül mit mehreren Verbindungen einer Substanzbibliothek in Kontakt gebracht. Die Verbindung, welche eine kovalente Bindung mit einer chemisch reaktiven Gruppe des Zielmoleküls ausbildet, wird massenspek- trometrisch identifiziert. Dazu kann das durch die kovalente Bindung gebildete Konjugat fragmentiert werden. Die gebundene Verbindung kann auch durch Spaltung einer Disulfidbindung freigesetzt werden. Zur Identifizierung müssen bei dem Verfahren die massenspektrometrischen Charakteristika der zu be- stimmenden Verbindung bzw. des zu bestimmenden Fragments bekannt sein.
Aus der WO 99/45150 AI ist ein Verfahren zur Bestimmung der relativen Bindungsaffinität von Verbindungen eines kombinato- rischen Gemischs zu einer Zielsubstanz bekannt. Dabei wird ein erster Komplex aus der Zielsubstanz und einer daran bindenden Standardverbindung mit dem kombinatorischen Gemisch von Verbindungen in Kontakt gebracht, wobei aus diesen Verbindungen und der Zielsubstanz zweite Komplexe gebildet wer- den. Das Gemisch wird massenspektrometrisch analysiert. Aus der Menge der darin enthaltenen ersten und zweiten Komplexe kann die relative Bindungsaffinität bestimmt werden. Auch bei diesem Ansatz müssen alle mit den Zielmolekülen potenziell Komplexe bildende Verbindungen bzw. die daraus gebildeten Komplexe analysierbar sein.
Aus der WO 00/47999 AI ist ein Verfahren zum Durchsuchen komplexer biologischer Proben nach einem an ein Zielprotein bin-
denden Liganden bekannt. Dabei wird das Zielprotein mit der komplexen biologischen Probe gemischt und unter Bedingungen inkubiert, unter denen sich Komplexe von Liganden mit dem Zielprotein bilden können. Gebildete Ligand-Zielprotein- Komplexe werden abgetrennt und zur Dissoziation gebracht. Freigesetzte Liganden können nach Abtrennen des Zielproteins massenspektrometrisch analysiert werden. Das Abtrennen erfolgt jeweils über Größenausschlussverfahren. Weiterhin offenbart die WO 00/47999 AI den Einsatz einer Referenzsubstanz und eines bekannten kompetitiven Liganden. Der kompetitive Ligand dient dazu, zu bestimmen, ob ein Ligand an das ausgewählte Zielprotein spezifisch oder unspezifisch bindet. Dazu wird der kompetitive Ligand mit der komplexen biologischen Probe gemischt, das Verfahren wie beschrieben durchgeführt und geprüft, ob das massenspektrometrische Signal des Liganden durch die Gegenwart des kompetitiven Liganden beeinflusst wird. Das Verfahren offenbart einen Vergleich der Bindungsansätze in Gegenwart und Abwesenheit des kompetitiven Liganden. Es werden jedoch immer alle gebundenen Liganden massenspek- trometrisch bestimmt.
Weiterhin ist es im Stand der Technik allgemein bekannt mittels mit einer Markierungsubstanz markierter Liganden, die Bindung nicht markierter Liganden an ein Ziel-Molekül indi- rekt zu bestimmen. Dabei werden die nicht markierten Liganden zusammen mit einem definierten Anteil markierter Liganden mit den Ziel-Molekülen inkubiert. Die anschließende Bestimmung der Menge der über die markierten Liganden an die Ziel- Moleküle gebundenen Markierungssubstanz ermöglicht die Er- mittlung des Bindeverhaltens der an die Ziel-Moleküle gebundenen Liganden.
Bei den im Stand der Technik bekannten Verfahren ist es erforderlich, entweder die gebundenen oder nicht gebundenen Liganden direkt oder indirekt zu quantifizieren. Beim direkten Quantifizieren kann das je nach Ligand mit einem erheblichen Aufwand verbunden sein. Zur Quantifizierung muss das jeweils verwendete Detektionssystem für jeden zu quantifizierenden Liganden kalibriert werden. Das ist auch für Liganden erforderlich, von denen nicht bekannt ist, ob sie eine Affinität zu den Ziel-Molekülen aufweisen. Auch das indirekte Quantifi- zieren mittels markierter Liganden ist aufwändig. Es ist zunächst erforderlich die Liganden mit einer Markierungssubstanz so zu markieren, dass die markierten Liganden noch eine ausreichende Affinität zu den Ziel-Molekülen aufweisen. Häufig müssen dazu verschiedene Markierungsmethoden mit ver- schiedenen Markierungssubstanzen erprobt werden. Oftmals erweisen sich nur radioaktive Markierungssubstanzen als geeignet. Das Handhaben dieser Markierungssubstanzen und der damit markierten Liganden ist gefährlich und wegen der erforderlichen Sicherheitsvorkehrungen aufwändig. Weiterhin ist nicht jeder Ligand dazu geeignet, mit einer bestimmten gewünschten Methode markiert zu werden. Dadurch kann eine Suche nach geeigneten Liganden erforderlich sein.
Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, die Nachteile des Stands der Technik zu beseitigen. Insbesondere soll ein Verfahren bereitgestellt werden, das es mit geringem Aufwand ermöglicht, das spezifische Bindeverhalten beliebiger Liganden an beliebigen Ziel-Molekülen weit gehend unbeeinflusst von der Kinetik der Bindung der Liganden an die Ziel-Moleküle zu ermitteln.
Diese Aufgabe wird durch die Merkmale des Anspruchs 1 gelöst. Zweckmäßige Ausgestaltungen ergeben sich aus den Merkmalen der Ansprüche 2 bis 23.
Erfindungsgemäß ist ein Verfahren zur Bestimmung des Bindeverhaltens von an Ziel-Molekülen spezifisch an mindestens einer Bindungsstelle bindenden Liganden mit folgenden Schritten vorgesehen:
a) Herstellen einer ersten Mischphase, in welcher die Liganden in einer Konzentration Kl mit an die Ziel-Moleküle spezifisch bindenden Markern in einer Konzentration K2 und den Ziel-Molekülen in einer Konzentration K3 in Kontakt gebracht werden und einer zweiten Mischphase, in welcher die Marker mit den Ziel-Molekülen in Kontakt gebracht werden, wobei die erste und die zweite Mischphase nach dem Inkontakt- bringen unter identischen eine Bindung der Liganden und der Marker an die Ziel-Moleküle erlaubenden Bedingungen inkubiert werden,
b) Absondern der in der ersten Mischphase enthaltenen gebundenen Marker GMl von der ersten und der in der zweiten Mischphase enthaltenen gebundenen Marker GM2 von der zweiten Mischphase und
cl) Ermitteln einer Konzentration K4 der ungebundenen Marker in der ersten und einer Konzentration K5 der ungebundenen Marker in der zweiten Mischphase, wobei aus der Konzentration K5 eine Konzentration K6 ermittelt wird, welche der Konzen- tration der ungebundenen Marker in der zweiten Mischphase unter der Annahme entspricht, dass darin die Marker in der Konzentration K2 mit den Ziel-Molekülen in der Konzentration K3 in Kontakt gebracht worden sind, sowie Bestimmen des Binde-
Verhaltens der Liganden aus dem Verhältnis zwischen den Konzentrationen K6 und K4
oder
c2) Ermitteln einer Menge Ml der gebundenen Marker GM1 und einer Menge M2 der gebundenen Marker GM2 , wobei aus der Menge M2 eine Menge M3 ermittelt wird, welche der Menge der gebundenen Marker in der zweiten Mischphase unter der Annahme ent- spricht, dass darin die Marker in der Konzentration K2 mit den Ziel-Molekülen in der Konzentration K3 in Kontakt gebracht worden sind, sowie Bestimmen des Bindeverhaltens der Liganden aus dem Verhältnis zwischen den Mengen M3 und Ml,
wobei die Marker in nativer Form vorliegen und das Ermitteln der Konzentrationen K4 und K5 oder der Mengen M2 und Ml mittels Massenspektrometrie erfolgt.
Unter dem Bindeverhalten soll jede das spezifische Binden der Liganden an die Ziel-Moleküle an mindestens einer Bindungsstelle charakterisierende Verhalten verstanden werden. Es kann sich um ein relatives Bindeverhalten handeln. Dabei gibt das Bindeverhalten an, ob die Liganden besser oder schlechter als die Marker an die Ziel-Moleküle binden, und gegebenen- falls in welchem Ausmaß sie daran binden. Es kann sich auch um ein absolutes Bindeverhalten handeln. Dabei wird die Affinität der Liganden zu den Ziel-Molekülen oder die Menge der an die Ziel-Moleküle gebundenen Liganden bestimmt. Die Bestimmung des Bindeverhaltens kann auch in einer bloßen Ab- Schätzung des Bindeverhaltens bestehen.
Der Begriff Mischphase umfaßt sowohl eine reine Lösung als auch eine Suspension. Die Mischphase kann Membranstrukturen, wie z.B. Vesikel, enthalten. Die Ziel-Moleküle können in Lö-
sung, in Suspension, immobilisiert oder in Membranstrukturen, insbesondere Vesikeln, eingebettet vorliegen. Anstatt der Ziel-Moleküle können auch die Liganden immobilisiert sein. Die Ziel-Moleküle oder die Liganden können z.B. an einer Wand eines Gefäßes oder an Partikeln immobilisiert vorliegen. Bei in Vesikeln eingebetteten Ziel-Molekülen können auch die Ve- sikel, z.B. durch Bindung an eine feste Phase, immobilisiert sein. Die Bedingungen gemäß lit. a sind, insbesondere hinsichtlich Temperatur und Dauer der Inkubation, so gewählt, dass eine Bindung der Liganden und der Marker an die Ziel- Moleküle stattfinden kann. Das Inkubieren kann zumindest nahezu bis zum Erreichen eines Bindungsgleichgewichts erfolgen.
Unter Marker werden vorbekannte quantifizierbare Stoffe ver- standen, die bei den- eingesetzten Konzentrationen K2 und K3 und unter den Bedingungen gemäß lit. a spezifisch an die Ziel-Moleküle binden. Die Bindung der Marker an die Ziel- Moleküle wird durch die Bindung der Liganden inhibiert. Das kann z.B. durch eine allosterische Inhibition der Bindung oder dadurch erfolgen, dass die Marker und die Liganden um die Bindung an die Bindungsstelle der Liganden an den Ziel- Molekülen konkurrieren. Aus den Bindungseigenschaften der Marker und der Konzentration K5 bzw. der Menge M2 kann die Konzentration K6 bzw. die Menge M3 rechnerisch oder graphisch ermittelt werden. Die Konzentration K6 ist diejenige Konzentration ungebundenen Markers und die Menge M3 diejenige Menge gebundenen Markers, die in der zweiten Mischphase nach dem Inkubieren vorliegen würde, wenn darin die Marker in der Konzentration K2 mit den Ziel-Molekülen in der Konzentration K3 in Kontakt gebracht worden wären. Aus dem Verhältnis zwischen den Konzentrationen K6 und K4 bzw. den Mengen M3 und Ml lässt sich die Menge der Marker, deren Bindung an die Ziel-Moleküle inhibiert wird, und daraus das Bindeverhalten der Liganden
bestimmen. Bei dem Verhältnis im Sinne der Erfindung kann es sich sowohl um eine Relation als auch um eine Differenz handeln. Die Marker können ebenso wie die Liganden und die Ziel- Moleküle von einheitlicher Art sein oder sich voneinander un- terscheiden.
Das Absondern gemäß Schritt lit. b kann z.B. mittels Zentrifugation gebildeter Komplexe erfolgen. Die Komplexe können Ziel-Moleküle und Liganden, Ziel-Moleküle und Marker oder Ziel-Moleküle, Liganden und Marker enthalten. Es versteht sich, dass statt einer Menge auch eine Konzentration und statt einer Konzentration auch eine Menge ermittelt werden kann.
"Native Form" bedeutet, dass die Marker keine für den Nachweis, die Quantifizierung oder die Identifizierung erforderlichen Modifikationen aufweisen. Solche Modifikationen können bspw. in einer Markierung mit einem Markierungsstoff bestehen.
Der Vorteil des Verfahrens besteht darin, dass der Einfluss kinetischer Unterschiede im Bindeverhalten zwischen den Liganden und den Markern auf das Ergebnis weit gehend ausgeschlossen werden kann, indem zumindest nahezu bis zum Errei- chen eines Bindungsgleichgewichts inkubiert wird. Weiterhin ist es beim erfindungsgemäßen Verfahren vorteilhaft, dass die Ziel-Moleküle in nativer, insbesondere in nicht immobilisierter. Form vorliegen können. Das Verfahren erlaubt dadurch eine Aussage über das native Bindeverhalten.
Ein weiterer Vorteil des Verfahrens besteht darin, dass auch bei Liganden, welche schwierig direkt zu quantifizieren sind, nur die Marker quantifiziert werden müssen. Das Verfahren un-
terliegt somit keinen Beschränkungen, die in der Natur der Liganden liegen und Probleme bei der Quantifizierung bereiten. Hinsichtlich der Marker besteht der Vorteil, dass eine Entwicklung von Markern aus an die Ziel-Moleküle spezifisch bindenden Stoffen entfällt, weil die Marker nicht markiert sein müssen. Somit ist eine Suche nach für eine Markierung mit einem bestimmten Markierungsverfahren geeigneten an die Ziel-Moleküle spezifisch bindenden Stoffen nicht erforderlich. Ebensowenig ist eine Suche nach an die Ziel-Moleküle spezifisch bindenden Stoffen, welche nach der Markierung noch eine ausreichende Affinität aufweisen, notwendig. Weiterhin entfällt der durch die Handhabung der verwendeten Markierungssubstanzen erforderliche Aufwand, der insbesondere bei radioaktiven MarkierungsSubstanzen sehr hoch sein kann. Auch eine mit der Verwendung radioaktiver Markierungssubstanzen verbundene gesundheitliche Gefährdung findet nicht statt.
Der Einsatz der Massenspektrometrie hat den Vorteil, dass in nativer Form vorliegende Marker nachgewiesen, quantifiziert und beim gleichzeitigen Einsatz verschiedener Marker identifiziert werden können.
Beim erfindungsgemäßen Verfahren kommt es für die Bestimmung des Bindeverhaltens nur auf die Affinität der Marker und nicht auf die Affinität der zu untersuchenden Liganden zu den Ziel-Molekülen an. Weisen die Marker eine ausreichende Affinität zu den Ziel-Molekülen auf, lässt sich auch das Bindeverhalten von Liganden mit sehr niedrigen Affinitäten zu den Ziel-Molekülen bestimmen, indem die Konzentration Kl entspre- chend hoch gewählt wird. Die verwendeten Marker können so gewählt werden, dass sie auch noch in niedrigen Konzentrationen nachweisbar sind. Ein weiterer Vorteil des Verfahrens besteht darin, dass sich eine unspezifische Bindung der zu untersu-
chenden Liganden kaum auf das Meßergebnis auswirkt. Im wesentlichen muss nur die unspezifische Bindung der Marker berücksichtigt werden.
Bei einer vorteilhaften Ausgestaltung werden die Marker in der zweiten Mischphase beim Schritt lit. a in der Konzentration K2 mit den Ziel-Molekülen in der Konzentration K3 in Kontakt gebracht. Dadurch vereinfacht sich das Ermitteln der Konzentration K6 beim Schritt lit. cl oder der Menge M3 beim Schritt lit. c2, denn unter dieser Bedingung ist die Konzentration K6 identisch mit der Konzentration K5 und die Menge M3 identisch mit der Menge M2.
Bei einer weiteren vorteilhaften Ausgestaltung werden von den gebundenen Markern GMl die spezifisch gebundenen Marker SGMl und von den gebundenen Markern GM2 die spezifisch gebundenen Marker SGM2 nach dem Schritt lit. b freigesetzt. Beim Schritt lit. c2 treten die freigesetzten spezifisch gebundenen Marker SGMl anstelle der gebundenen Marker GMl und die freigesetzten spezifisch gebundenen Marker SGM2 anstelle der gebundenen Marker GM2. Das Freisetzen kann z.B. durch das Zusetzen eines Überschusses von die Bindung der Marker spezifisch inhibierenden Molekülen erfolgen. Solche Moleküle können z.B. Ko pe- titoren sein, welche die spezifisch gebundenen Marker von der Bindungsstelle verdrängen. Eine andere Möglichkeit besteht darin, durch einen Waschschritt nicht spezifisch gebundene Marker von den Ziel-Molekülen zu entfernen, so dass nur spezifisch gebundene Marker gebunden bleiben. Die spezifisch gebundenen Marker können dann auch mittels unspezifischer Ver- fahren freigesetzt werden. Durch das Freisetzen der spezifisch gebundenen Marker kann der Anteil der nicht spezifisch gebundenen Marker berücksichtigt werden.
Zur Berücksichtigung einer unspezifischen Bindung der Marker an die Ziel-Moleküle können die Schritte lit. a bis cl oder c2 auch ein weiteres mal durchgeführt werden, wobei der ersten und/oder der zweiten Mischphase beim Schritt lit. a ein mit den Markern um die spezifische Bindung an den Ziel- Molekülen konkurrierender Stoff in einer solchen Menge zugesetzt wird, dass eine spezifische Bindung der Marker an den Ziel-Molekülen weitgehend verhindert oder aufgehoben wird. Die dabei bei den Schritten lit. cl oder c2 ermittelte Kon- zentration K4 wird als K4 ' , K5 als K5 ' und K6 als K6 ' und die Menge Ml als Ml', M2 als M2 ' und M3 als M3 ' bezeichnet. Die ohne den Stoff ermittelten Werte werden weiterhin als K4, K5, K6, Ml, M2 und M3 bezeichnet. Die Differenz zwischen K4 ' und K4, K5 ' und K5 sowie K6 ' und K6 ist jeweils die Konzentration der spezifisch gebundenen Marker. Ml", M2 ' und M3 ' sind die jeweiligen Mengen der unspezifisch gebundenen Marker. Die Differenz zwischen Ml und Ml ' , M2 und M2 ' sowie M3 und M3 ' ist die Menge der spezifisch gebundenen Marker. Bei einer bevorzugten Ausgestaltung werden zur Bestimmung der Affinität der Liganden zu den Ziel-Molekülen die Schritte lit. a bis cl oder c2 zumindest zweimal mit einem voneinander abweichenden Verhältnis der Konzentrationen Kl zu K3 durchgeführt. Vorzugsweise erfolgt dabei das Inkubieren gemäß Schritt lit. a zumindest nahezu bis zum Erreichen eines Bin- dungsgleichgewichts. Aus den Mengen der Marker, deren Bindung bei dem voneinander abweichenden Verhältnis der Konzentrationen inhibiert worden ist, kann die Affinität ermittelt werden. Das kann mittels einer nicht linearen Regressionsanalyse der Kompetitions- bzw. Verdrängungskurve erfolgen. Die Kompe- titions- bzw. Verdrängungskurve stellt die Inhibition der Bindung der Marker durch Liganden in Abhängigkeit von der Konzentration ungebundener Liganden dar.
Vorzugsweise erfolgt das Absondern gemäß lit. b durch Dialyse, Präzipitation, Adsorption, Bindung an immobilisierte Moleküle mit einer Affinität zu den Ziel-Molekülen oder zu gebildeten Komplexen aus den Ziel-Molekülen und den Markern und/oder den Liganden, Zentrifugation, Chromatographie oder Filtration, insbesondere Ultrafiltration. Das Absondern gemäß lit. b wird vorzugsweise unte Bedingungen durchgeführt, unter denen die Konzentration der ungebundenen Marker in der ersten und der zweiten Mischphase und/oder die Menge der ge- bundenen Marker GMl und GM2 konstant bleibt. Dazu ist jedes beliebige Verfahren geeignet, bei welchem das Absondern gebundener Liganden unter Bedingungen erfolgt, unter denen die Anteile der gebundenen und der ungebundenen Marker und Liganden konstant bleiben. Als ein solches Verfahren kommt ein Ab- sondern gebildeter Komplexe aus Ziel-Molekülen und Markern und/oder Liganden unter Bindungsbedingungen, z.B. mittels Zentrifugieren oder Filtrieren, in Betracht. Der Vorteil des Absonderns unter den genannten Bedingungen besteht darin, dass ein durch das Absondern bewirktes Aufheben eines Bin- dungsgleichgewichts, beispielsweise bei einem Waschschritt, vermieden wird. Eine durch die Aufhebung des Bindungsgleichgewichts bewirkte Dissoziation von aus den Ziel-Molekülen und den Markern und/oder den Liganden gebildeten Komplexen findet nicht statt. Ein daraus resultierender Fehler bei der Quanti- fizierung der gebundenen Liganden wird vermieden. Ein weiterer Vorteil des Absonderns unter den genannten Bedingungen besteht darin, dass die erste und die zweite Mischphase nicht quantitativ von den gebundenen Markern GMl und GM2 abgesondert werden müssen. Es genügt, wenn jeweils ein definierter Anteil der ersten und der zweiten Mischphase abgesondert wird. Aus dem Anteil und der beim Schritt lit. cl ermittelten Konzentrationen K4 und K5 lässt sich die Menge des Markers
ermitteln, dessen Bindung durch die Liganden inhibiert worden ist.
Vorteilhafterweise wird die Massenspektrometrie im MS-, MS/MS- oder MSn-Modus durchgeführt. Im MS-Modus werden vom Analyten in der Ionenquelle eines Massenspektrometers gebildete Ionen, im MS/MS-Modus selektiv Tochterionen der vom Analyten gebildeten Ionen und im MSn-Modus selektiv weitere Tochterionen der vom Analyten gebildeten Ionen quantifiziert. Der Massenspektrometrie kann eine Kapillarelektrophorese oder Gas- oder Flüssigkeitschromatographie, vorzugsweise HPLC, insbesondere unter Verwendung von Umkehrphasenchromatographie, vorgeschaltet werden. Dadurch kann ein Auftrennen von in der Massenspektrometrie nur schwer unterscheidbaren Molekülen erreicht werden. Die Moleküle können dann in der Massenspektrometrie getrennt analysiert werden.
Vorzugsweise wird vor der Massenspektrometrie eine Probenvorbereitung mittels Extraktion, vorzugsweise Festphasen- oder Flüssig-Flüssig-Extraktion, Filtration, insbesondere Ultrafiltration, Gaschromatographie, Kapillarelektrophorese, Flüssigkeitschromatographie, vorzugsweise HPLC, FPLC®, Umkehrphasenchromatographie, Größenausschlußchromatographie und/oder Affinitätschromatographie, durchgeführt. Unter der Probenvor- bereitung wird eine Aufarbeitung einer Probe, aus welcher die Konzentrationen K4 und K5 oder die Mengen M2 und Ml ermittelt werden sollen, verstanden. Das kann z.B. erforderlich sein, wenn aus der Probe bestimmte Bestandteile entfernt werden müssen. Das können Bestandteile sein, welche für ein Massen- spektrometer schädlich sind, etwa weil sie Zuführleitungen verstopfen oder angreifen würden, oder welche die Empfindlichkeit einer massenspektrometrischen Messung herabsetzen, z.B. weil sie das Signal des zu analysierenden Markers ver-
mindern. Weiterhin kann es sich um Bestandteile handeln, welche ein der Massenspektrometrie vorgeschaltetes Verfahren stören würden.
Die erste und die zweite Mischphase gemäß Schritt lit. a können, vorzugsweise mehr als 10, insbesondere mehr als 100, verschiedene Ziel-Moleküle und/oder Marker enthalten. Bei einer bevorzugten Ausgestaltung enthält die erste und die zweite Mischphase gemäß Schritt lit. a einen für verschiedene Ziel-Moleküle spezifischen gemeinsamen Marker. Beim Einsatz verschiedener Marker bindet jeder Marker spezifisch an mindestens eine Bindungsstelle eines vorgegebenen Ziel-Moleküls. Bevorzugt unterscheiden sich die verschiedenen Marker wenigstens hinsichtlich der molaren Masse, der Bildung von Ionen oder Tochterionen bei der Massenspektrometrie oder des chromatographischen oder elektrophoretischen Verhaltens voneinander. Vorteilhafterweise enthält die erste Mischphase gemäß Schritt lit. a, vorzugsweise mehr als 10, insbesondere mehr als 100, verschiedene Liganden. Die Liganden können durch Me- thoden der kombinatorischen Chemie erzeugt sein. Solche Methoden sind z.B. aus Felder, E.R., Chi ia 48 (1994), 521-541, Gallop et al., J. Med. Chem. 37 (1994), 1233-1251, Houghten, R. A., Trends Genet. 9 (1993), 235-239, Houghten et al . , Nature 354 (1991), 84-86, Lam et al., Nature 354 (1991), 82- 84, Carell et al . , Chem. Biol. 3 (1995), 171-183, Madden et al., Perspectives in Drug Discovery and Design 2 (1994), 269- 285, Cwirla et al . , Biochemistry 87 (1990), 6378-6382, Brenner, S. und Lerner, R. A. , Proc . Natl . Acad. Sei. USA 89 (1992), 5381-5383, Gordon et al . , J. Medicinal Chemistry 37 (1994), 1385-1401 und Lebl et al . , Biopolymers 37 (1995), 177-198 bekannt.
Durch den Einsatz mehrerer verschiedener Liganden, Ziel- Moleküle und/oder Marker kann die Effizienz des Verfahrens deutlich gesteigert werden. Bei Durchführung des Verfahrens mit verschiedenen Liganden müssen jeweils nur die Marker quantifiziert werden, um festzustellen, ob Liganden mit einer Affinität zu den Ziel-Molekülen in der ersten Mischphase enthalten waren. Das Verfahren ist somit für ein Hochdurchsatz- Screening geeignet. Um herauszufinden, welche der Liganden eine Affinität zu den Ziel-Molekülen aufweisen, kann eine De- konvolutionsstrategie verfolgt werden. Dabei wird das Verfahren mit einer verringerten Zahl oder einer anderen Kombination zu untersuchender Liganden erneut durchgeführt . Durch Vergleich der Ergebnisse kann dann ermittelt werden, welcher der Liganden in welcher Menge an die Ziel-Moleküle gebunden hat. Die verschiedenen Marker können auch unterschiedliche abgestufte Affinitäten zu den Ziel-Molekülen aufweisen. Aus der Bestimmung oder Abschätzung der Menge derjenigen Marker, deren Bindung an die Ziel-Moleküle durch die Liganden inhibiert worden ist, kann die Affinität der Liganden zu den Ziel- Molekülen ermittelt oder zumindest abgeschätzt werden.
Bei einem Ausführungsbeispiel werden nach Schritt lit. cl oder c2 die gebundenen Liganden mittels Massenspektrometrie identifiziert und/oder es wird die Menge der gebundenen Li- ganden mittels Massenspektrometrie bestimmt. Dazu können die gebundenen Liganden vor der Massenspektrometrie spezifisch von den Ziel-Molekülen, beispielsweise durch Zugabe spezifischer Kompetitoren, freigesetzt werden. Ein solches Verfahren ist bei einem Hochdurchsatz-Screening, bei dem viele überwie- gend nicht an die Ziel-Moleküle bindende Substanzen gleichzeitig auf ihr Bindeverhalten untersucht werden, sehr effizient. Das Identifizieren der gebundenen Liganden bzw. das Bestimmen der Menge der gebundenen Liganden ist nur erforder-
lieh, wenn sich aus dem Schritt lit. cl oder c2 ergibt, dass überhaupt gebundene Liganden vorliegen.
Zum Ermitteln der Konzentrationen K4 und K5 oder der Mengen Ml und M2 können die Marker als externer Standard verwendet werden. Es ist auch möglich, der ersten und/oder der zweiten Mischphase nach dem Schritt lit. b mindestens einen eine Markierungssubstanz aufweisenden Marker als internen Standard zuzusetzen. Ein solcher interner Standard vereinfacht das Er- mitteln der Konzentrationen K4 und K5, weil er in gleichem Maße beeinflusst wird, wie der Marker selbst. Somit lassen sich Verluste bei der Probenvorbereitung oder einer gegebenenfalls erforderlichen Aufkonzentrierung der Probe ebenso einfach berücksichtigen wie die massenspektrometrische Mes- sung beeinflussende Störfaktoren.
Die Ziel-Moleküle können in Membranstrukturen eingebettet vorliegen. Das kann z.B. bei Ziel-Molekülen vorteilhaft sein, die natürlicherweise in Membranstrukturen eingebettet vorlie- gen und deren Bindungseigenschaften verändert sind, wenn sie nicht in Membranstrukturen eingebettet sind. Bei einer vorteilhaften Ausgestaltung sind die Ziel-Moleküle nicht an einen festen Träger gebunden. Dadurch wird vermieden, dass das Bindeverhalten der Ziel-Moleküle durch die Bindung an einen festen Träger verändert und/oder die Kinetik der Bindung beeinflusst wird.
Es ist möglich, die Ziel-Moleküle nach Durchführung des Schritts lit. b oder c2 zu regenerieren. Das ermöglicht deren Wiederverwendung. Das ist besonders bei kostbaren Ziel- Molekülen sinnvoll, z.B. bei Ziel-Molekülen auf Zellen, an denen mehrere Untersuchungen durchgeführt werden sollen. Die Ziel-Moleküle, Marker oder Liganden können aus folgender
Gruppe ausgewählt sein: Peptide, Proteine, insbesondere Rezeptoren, Prionen, Enzyme, Transportproteine, Ionenkanäle oder Antikörper, Hormone, Nukleinsäuren, Zucker, Polymere, niedermolekulare Verbindungen natürlichen oder synthetischen Ursprungs und Strukturen auf oder in Zellen, Zellfragmenten, Zellhomogenaten, Synaptosomen, Liposomen, Vesikeln, insbesondere synaptischen Plasmamembran-Vesikeln und in Zellen vorkommenden Vesikeln, Gewebeschnitten, Viren, deren Bestandteilen oder Fragmenten dieser Bestandteile, Kapsiden, deren Be- standteilen oder Fragmenten dieser Bestandteile und Natur- stoffgemischen.
Nachfolgend wird die Erfindung durch die Zeichnung und anhand von Ausführungsbeispielen näher erläutert. Es zeigen:
Fig. 1 Das Ergebnis eines erfindungsgemäß durchgeführten Verfahrens, bei dem μ-opioid-Rezeptoren als Ziel- Moleküle, Morphin als Marker und Naloxon als Ligand in unterschiedlichen Konzentrationen eingesetzt worden ist und
Fig. 2 das Ergebnis eines Kontrollversuchs, bei dem μ- opioid-Rezeptoren als Ziel-Moleküle, [3H]DAMG0 als Marker und Naloxon als Ligand eingesetzt worden ist.
Bei allen Ausführungsbeispielen dienten humane μ-opioid Rezeptoren in den Bindungsansätzen als Ziel-Moleküle. Die Ziel- Moleküle wurden mittels einer Membranpräparation transfizier- ter humane μ-opioid Rezeptoren exprimierender CHO-Kl Zellen der Fa. Biotrend, Köln bereitgestellt.
Ausführungsbeispiel 1:
Screening von Substanzbibliotheken durch Bestimmung eines nicht gebundenen Markers
1.1. Bindungsansätze
Ein Ansatz BO enthielt die μ-opioid Rezeptoren in einer Konzentration von 5,5 nmol/1, 5 mmol/1 MgCl2 und 50 mmol/1 Tris HCl, pH 7,4 in einem Gesamtvolumen von 250 μl. Der Ansatz B0 wurde 150 Minuten bei 25 °C in einem 1,5 ml PP-Reaktionsgefäß inkubiert. Anschließend wurden die Membranpartikel bei 50000 x g 20 Minuten bei 4 °C abzentrifugiert. Vom resultierenden Überstand Ü0 wurden 200 μl abgenommen. Folgende Bindungsansätze wurden wie B0 behandelt:
- Ein wie B0 zusammengesetzter Bindungsansatz Bl, der zusätzlich 10 nmol/1 Morphin als Marker enthielt.
- Ein wie Bl zusammengesetzter Bindungsansatz B2, der zu- sätzlich (±) -Methadon in einer Konzentration von 50 μmol/1 enthielt.
- Ein wie Bl zusammengesetzter Bindungsansatz B3, der zusätzlich die Substanzen einer Bibliothek 1, bestehend aus 4-Chloranilin, 2, 3-Dichloranilin, Methylbenzoat, Acetani- lid, Amitryptilin, (+) -Bicuculin, Phenol, Naloxon, Benzoe- säure und Tra adol, jeweils in einer Konzentration von 1 μmol/1 enthielt.
- Ein wie Bl zusammengesetzter Bindungsansatz B4, der zusätzlich die Substanzen einer Bibliothek 2 jeweils in einer Konzentration von 1 μmol/1 enthielt. Die Bibliothek 2
besteht abgesehen von Naloxon aus den Substanzen der Bibliothek 1.
Aus Bl - B4 wurden Überstände Ül - Ü4 gewonnen.
1.2. Quantifizierung des Markers
Zur Quantifizierung wurde eine massenspektrometrische Bestimmung an einem Applied Biosystems API 2000 mit TurboIonSpray- Quelle im MRM-Modus, an das ein Hewlett Packard HP1100 LC- System gekoppelt war, unter folgenden Bedingungen durchgeführt :
Säule: Superspher 60 RP select B 4 μm 125 x 2 mm Laufmittel: 0,1 % HCOOH in Wasser / Acetonitril (80/20) Fluss: 0,4 ml/Minute (isokratisch)
Probenvolumen: 20 μl (injiziert mittels Autosampier)
Morphin wurde in den Überständen Ül - Ü4 direkt bei den Massenübergängen 286,1/115,1 und 286,1/128,1 gemessen. Es wurde gegenüber in Ü0 in Konzentrationen von 2 nmol/1 bis 10 nmol/1 gelöstem Morphin als externem Standard quantifiziert. Mit jeder Probe wurden zwei Messungen durchgeführt .
1.3. Auswertung In Ül - Ü4 wurden folgende Konzentrationen an ungebundenem Morphin als Mittelwerte der zwei Messungen ermittelt:
Ül 2,25 nmol/1
Ü2 7,66 nmol/1
Ü3 7,92 nmol/1
Ü4 2,03 nmol/1
Aus der jeweiligen Differenz der eingesetzten Konzentration an Morphin und der für Ül - Ü4 ermittelten Konzentrationen an nicht gebundenem Morphin wurden die folgenden Konzentrationen an gebundenem Morphin für Bl - B4 ermittelt:
Bl 7,75 nmol/1
B2 2,34 nmol/1
B3 2,08 nmol/1
B4 7,97 nmol/1
In Bl wurde die Morphinbindung ohne zusätzlichen Kompetitor als Gesamtbindung gemessen. In B2 wurde dagegen die Morphinbindung in Gegenwart von 50 μmol/1 Methadon unter Bedingungen ermittelt, die eine annähernd vollständige Besetzung der Ziel-Moleküle durch Methadon erwarten lässt. Morphin hat dabei nur noch nicht spezifisch gebunden. Da in B3 die Konzentration von gebundenem Morphin lediglich in einer Größenordnung der nicht spezifischen Bindung liegt, befindet sich in der Bibliothek 1 mindestens eine Substanz, die in einer Kon- zentration von 1 μmol/1 eine deutliche Affinität zu den Ziel- Molekülen besitzt. Da in B4 die Konzentration von gebundenem Morphin in der Größenordnung der Gesamtbindung liegt, befindet sich in der Bibliothek 2 keine Substanz, die in einer Konzentration von 1 μmol/1 eine deutliche Affinität zu den Ziel-Molekülen besitzt. Da sich die Bibliotheken 1 und 2 nur dadurch unterscheiden, dass Naloxon in Bibliothek 1 enthalten ist, nicht aber in Bibliothek 2, kann es sich bei der affinen Substanz nur um Naloxon handeln.
Ausführungsbeispiel 2:
Affinitätsbestimmung eines Liganden durch Messung des nicht gebundenen Markers
2.1. Bindungsansätze
Ein erster Bindungsansatz Bl enthielt μ-opioid Rezeptoren in einer Konzentration von 5,5 nmol/1, 10 nmol/1 Morphin als Marker, 5 mmol/1 MgCl2 und 50 mmol/1 Tris HCl, pH 7,4 in einem Gesamtvolumen von 250 μl. Der Bindungsansatz Bl wurde 150 Minuten bei 25 °C in einem 1,5 ml PP-Reaktionsgefäß inkubiert. Anschließend wurden die Membranpartikel bei 50000 x g 20 Minuten bei 4 °C abzentrifugiert. Vom resultierenden Über- stand Ül wurden 200 μl abgenommen. Folgende Bindungsansätze wurden wie Bl behandelt:
- Ein wie Bl zusammengesetzter zweiter Bindungsansatz B2, der zusätzlich (±) -Methadon in einer Konzentration von 50 μmol/1 enthielt.
- Fünf weitere wie Bl zusammengesetzte Bindungsansätze B3 - B7, die zusätzlich Naloxon in folgenden Konzentrationen enthielten: B3 : 1 nmol/1 Naloxon, B4 : 10 nmol/1 Naloxon, B5: 30 nmol/1 Naloxon, B6 : 100 nmol/1 Naloxon, B7 : 1 μmol/1 Naloxon.
In einer zweiten auf identische Weise durchgeführten Versuchsreihe wurden die Bindungsansätze Bl - B7 durch die iden- tisch zusammengesetzten Bindungsansätze Bl* - B7* ersetzt. Aus Bl - B7 wurden die Überstände Ül - Ü7 und aus Bl* - B7* die Überstände Ül* - Ü7* gewonnen.
2.2. Quantifizierung des Markers Die massenspektrometrische Bestimmung wurde wie unter 1.2. beschrieben durchgeführt. Zusätzlich wurde Naloxon beim Massenübergang 328,1/310,1 quantifiziert. Mit jeder Probe wurden zwei Messungen durchgeführt.
2.3. Auswertung
In Ül - Ü7 und Ül* - Ü7* wurden folgende Konzentrationen an ungebundenem Morphin und Naloxon als Mittelwerte der zwei Messungen ermittelt:
Morphin Naloxon
Ül: 2,25 nmol/1
Ü2: 7,66 nmol/1
Ü3: 2,78 nmol/1 0,35 nmol/1
Ü4: 4,15 nmol/1 4,54 nmol/1
Ü5: 4,75 nmol/1 15,2 nmol/1
Ü6: 7,00 nmol/1 77,2 nmol/1
Ü7: 8,23 nmol/1 858 nmol/1
Ül*: 2,24 nmol/1
Ü2*: 6,29 nmol/1
Ü3*: 2,18 nmol/1 0,14 nmol/1
Ü4*: 3,16 nmol/1 2,96 nmol/1
Ü5*: 4,43 nmol/1 13,0 nmol/1
Ü6*: 5,50 nmol/1 61,7 nmol/1
Ü7*: 5,86 nmol/1 668 nmol/1
Aus der jeweiligen Differenz der eingesetzten Konzentration an Morphin und der für Ül - Ü7 sowie Ül* - Ü7* ermittelten Konzentrationen an nicht gebundenem Morphin wurden die folgenden Konzentrationen an gebundenem Morphin für Bl - B7 sowie Bl* - B7* ermittelt:
Bl 7,75 nmol/1 Bl* 7,76 nmol/1 B2 2,34 nmol/1 B2* 3,71 nmol/1 B3 7,22 nmol/1 B3* 7,82 nmol/1 B4 5,85 nmol/1 B4* 6,84 nmol/1 B5 5,15 nmol/1 B5* 5,57 nmol/1 B6 3,00 nmol/1 B6* 4,50 nmol/1 B7 1,77 nmol/1 B7* 4,14 nmol/1
In Bl und in Bl* wurde die Morphinbindung ohne zusätzlichen Kompetitor als Gesamtbindung gemessen. In B2 und in B2* wurde dagegen die Morphinbindung in Gegenwart von 50 μmol/1 Metha- don unter Bedingungen ermittelt, die eine annähernd vollständige Besetzung der Ziel-Moleküle durch Methadon erwarten lässt. Morphin hat dabei nur noch nicht spezifisch gebunden. Die spezifische Bindung ergibt sich aus der Differenz der für Bl und B2 bzw. Bl* und B2* ermittelten Konzentrationen. In Fig. 1 ist die Konzentration des gebundenen Morphins in Abhängigkeit von der Konzentration des ungebundenen, d.h. freien Naloxons dargestellt.
Mittels einer mit dem Programm Prism 2.01 Graph Pad, San Die- go, USA durchgeführten nicht linearen Regressionsanalyse wurde die Konzentration an freiem Naloxon ermittelt, bei der 50 % des Morphins spezifisch gebunden sind. Dieser Wert wird als ICso-Wert bezeichnet. Für die Bindungsansätze Bl - B7 wurde ein ICso-Wert von 11,9 nmol/1 und für die Bindungsansätze Bl* - B7* ein IC50-Wert von 11,6 nmol/1 ermittelt.
Der Ki-Wert als Maß für die Affinität von Naloxon zu den Ziel-Molekülen lässt sich gemäß Hulme, E.C. und Birdsall, N.J.M., Strategy and tactics in receptor-binding studies in Receptor-Ligand-Interactions, ed. Hulme, E.C, Oxford Univer- sity Press, Oxford (1992), 63-176 in Bindungsexperimenten, bei denen die Konzentration des freien Markers gegenüber der Marker-Ausgangskonzentration in nicht zu vernachlässigendem Ausmaß verschieden ist, folgendermaßen berechnen:
L*: Konzentration des Markers beim ICso-Wert,
L0* : Konzentration des freien Markers in Abwesenheit des Kom- petitors und
Kd= Affinität des Markers zu den Ziel-Molekülen.
Aus Raynor, K. , Kong, H. , Mestek, A. , Bye, L.S., Tian, M. ,
Liu, J., Yu, L. und Reisine, T., Characterisation of the cloned Mu opioid Receptor, J. Pharmacol . Exp. Ther. 272
(1995), 423-428 ist es bekannt, dass der Kd-Wert für Morphin 2,0 nmol/1 beträgt. Für Bl - B7 ergibt sich daraus bei
L* = 4,8 nmol/1 L
0* = 2,25 nmol/1
ein Ki für Naloxon von 1,4 nmol/1 gegenüber den humanen μ- opioid-Rezeptore .
Für Bl* - B7* ergibt sich bei
L* = 4,2 nmol/1 L
0* = 2,24 nmol/1
ein Ki für Naloxon von 1,7 nmol/1 gegenüber den humanen μ- opioid-Rezeptoren .
2.4. Kontrollversuch
Kompetition Naloxon / [3H]DAMG0 an humanen μ-opioid-
Rezeptoren
Bei [3H]DAMG0 handelt es sich um den mit 3H markierten μ- opioid Rezeptor Agonisten Tyr-D-Ala-Gly-N-Methyl-Phe-Gly (ol) - Enkephalin. 22 μg Protein einer 30 fmol humane μ-opioid Rezeptoren enthaltenden Membranpräparation transfizierter CHO- Kl Zellen der Fa. Biotrend, Köln wurden, wie bei Wanner, K.T., Praschak, I., Höfner, G. und Beer, H. , Asymmetrie Syn- thesis and Enantiospecificity of Binding of 2- (1,2, 3,4- Tetrahydro-1-isoquinolinyl) -ethanol derivatives to μ- and K- reeeptors, Arch. Pharm. 329 (1996) , 11-22 beschrieben, jeweils mit 4,5 nmol/1 [3H]DAMG0 und 0 nmol/1, 1 nmol/1, 10 nmol/1, 30 nmol/1, 100 nmol/1 bzw. 1 μmol/1 Naloxon 60 Minuten bei 25 °C in einem Gesamtvolumen von 250 μl inkubiert. Die nicht spezifische Bindung wurde in Gegenwart von 50 μmol/1 (±) -Methadon ermittelt. Es wurden 2 Versuchsreihen jeweils in Form von Triplikaten durchgeführt. In Fig. 2 ist die Konzentration des gebundenen [3H]DAMGO in Abhängigkeit von der Konzentration des eingesetzten Naloxons dargestellt. Mittels -einer mit dem Programm Pris 2.01 Graph Pad, San Diego, USA durchgeführten nicht linearen Regressionsanalyse wurde der ICso-Wert, d.h. die Konzentration an Naloxon ermittelt, bei der 50% des [3H]DAMGO spezifisch gebunden sind. Aus Raynor, K. , Kong, H., Mestek, A. , Bye, L.S., Tian, M. , Liu, J., Yu, L. und Reisine, T., Characterisation of the cloned Mu opioid Receptor, J. Pharmacol . Exp. Ther. 272 (1995), 423-428 ist es bekannt, dass der Kd-Wert für DAMGO 1,4 nmol/1 be- trägt. Gemäß Cheng, Y.C. und Prusoff, W.H., Relationship bet- ween the inhibition constant Ki and the concentrationn of in- hibitor which causes 50 cent inhibition IC50 of an enzymatic reaction, Biochem. Pharmacol. 22 (1973), 3099-3108 wurden aus
dem Kd-Wert für DAMGO und den ICso-Werten von 18 nmol/1 bzw. 17 nmol/1 aus der 1. bzw. 2. Versuchsreihe folgende Ki-Werte für Naloxon gegenüber humanen μ-opioid-Rezeptoren berechnet:
1.Versuchsreihe Ki = 4,2 nmol/1 2.Versuchsreihe Ki = 4,1 nmol/1
Ausführungsbeispiel 3:
Screening von Substanzbibliotheken durch Messung des gebundenen Markers nach dessen gezielter Freisetzung
3.1. Bindungsansätze
Es wurden die im Ausführungsbeispiel 1 beschriebenen Bin- dungsansätze Bl - B4 verwendet und wie unter 1.1. beschrieben behandelt. Nach der Zentrifugation aus Bl - B4 erhaltene Pellets Pl - P4 wurden folgendermaßen behandelt: Pl - P4 wurden je dreimal mit 200 μl 5 mmol/1 MgCl2 und 50 mmol/1 Tris HCl, pH 7,4 gewaschen. Anschließend wurden Pl - P4 in jeweils 200 μl 5 mmol/1 MgCl2 und 50 mmol/1 Tris HCl, pH 7,4 resuspendiert, 15 Minuten bei Raumtemperatur in einem Schüttelwasser- bad inkubiert und bei 50000 x g 20 Minuten bei 4 °C zentrifu- giert. Die resultierenden Überstände wurden verworfen und die erhaltenen Pellets Pl ' - P4 ' mit je 200 μl 50 μmol/1 (±) - Methadon in 5 mmol/1 MgCl2 und 50 mmol/1 Tris HCl, pH 7,4 resuspendiert und nochmals 15 Minuten wie zuvor inkubiert. Die Ansätze wurden anschließend wie zuvor zentrifugiert, wodurch die Überstände Fl - F4 gewonnen wurden.
3.2. Quantifizierung des Markers
Das in Fl - F4 enthaltene Morphin wurde wie unter 1.2. beschrieben quantifiziert.
3.3. Auswertung
In Fl - F4 wurden folgende Konzentrationen an ungebundenem, d.h. freigesetztem Morphin als Mittelwerte der zwei Messungen ermittelt:
Fl: 4,84 nmol/1 F4: 4,80 nmol/1 F2/F3: Morphin nicht nachweisbar
In Bl wurde die Morphinbindung ohne zusätzlichen Kompetitor als Gesamtbindung gemessen. In B2 wurde dagegen die Morphinbindung in Gegenwart von 50 μmol/1 Methadon unter Bedingungen ermittelt, die eine annähernd vollständige Besetzung der Ziel-Moleküle durch Methadon erwarten lässt. Morphin hat da- bei nur noch nicht spezifisch gebunden. Aus P2 ' konnte offensichtlich kein Morphin freigesetzt werden, da Morphin in F2 nicht nachweisbar war. Dementsprechend kann angenommen werden, dass das aus Pl ' freigesetzte und in Fl nachgewiesene Morphin spezifisch gebunden war. Da aus P4 ' annähernd genauso viel Morphin in F4 freigesetzt wurde wie aus Pl ' in Fl, enthält die Bibliothek 2 offensichtlich keinen Liganden mit ausgeprägter Affinität zu den Ziel-Molekülen. Aus P3 ' konnte offensichtlich kein Morphin freigesetzt werden, da Morphin in F3 nicht nachweisbar war. Demnach enthält die Bibliothek 1 offensichtlich mindestens eine Substanz, die in einer Konzentration von 1 μmol/1 eine deutliche Affinität zu den Ziel- Molekülen aufweist. Da sich die Bibliotheken 1 und 2 nur dadurch unterscheiden, dass Naloxon in Bibliothek 1 enthalten ist, nicht aber in Bibliothek 2, kann es sich bei der affinen Substanz nur um Naloxon handeln.
Ausführungsbeispiel 4:
Screening von Substanzbibliotheken durch Messung des ungebundenen Markers und anschließende Identifizierung affiner Liganden nach deren gezielter Freisetzung
4.1. Bindungsansätze Die Bindungsansätze Bl# - B4# waren abgesehen davon, dass die Substanzen der Bibliothek 1 und der Bibliothek 2 jeweils in einer Konzentration von 10 nmol/1 statt 1 μmol/1 vorlagen, identisch mit den Bindungsansätzen Bl - B4 in Ausführungsbei- spiel 1. Die Bindungsansätze wurden wie unter 1.1. beschrie- ben behandelt. Durch die Zentrifugation wurden aus den Bindungsansätzen Bl# - B4# Überstände Ül# - Ü4# und Pellets Pl# - P4# erhalten. P4# wurde verworfen. Pl# - P3# wurden je dreimal mit 200 μl 5 mmol/1 MgCl2 und 50 mmol/1 Tris HCl, pH 7,4 gewaschen. Anschließend wurden Pl# - P3# in jeweils 200 μl 5 mmol/1 MgCl2 und 50 mmol/1 Tris HCl, pH 7,4 resuspendiert, 15 Minuten bei Raumtemperatur in einem Schüttelwasser- bad inkubiert und bei 50000 x g 20 Minuten bei 4 °C abzentrifugiert. Die resultierenden Überstände wurden verworfen und die erhaltenen Pellets Pl#' - P3#' mit je 200 μl 50 μmol/1 (±) -Methadon in 5 mmol/1 MgCl2 und 50 mmol/1 Tris HCl, pH 7 , 4 resuspendiert und nochmals 15 Minuten wie zuvor inkubiert. Die Ansätze wurden anschließend wie zuvor zentrifugiert, wodurch die Überstände Fl# - F3# gewonnen wurden.
4.2. Quantifizierung der Liganden
In Ül# - Ü4# und in Fl# - F3# wurde ungebundenes bzw. freigesetztes Morphin wie unter 1.2. beschrieben quantifiziert. In F3# wurden zusätzlich auch die einzelnen Substanzen der Bi-
bliothek 1 bei den jeweils spezifischen Massenübergängen quantifiziert. Außer Naloxon war jedoch keine der Substanzen in F3# nachweisbar. Das freigesetzte Naloxon wurde beim Massenübergang 328,1/310,1 quantifiziert. Mit jeder Probe wurden 2 Messungen durchgeführt .
4.3. Auswertung
In Ül# - Ü4# wurden folgende Konzentrationen an ungebundenem
Morphin als Mittelwerte ermittelt:
Ül# 2,39 nmol/1
Ü2# 7,80 nmol/1
Ü3# 5,02 nmol/1
Ü4# 2,76 nmol/1
Da in B4# aus der Bibliothek 2 offensichtlich kein Ligand mit deutlicher Affinität zu den Ziel-Molekülen enthalten war, wurde P4# verworfen.
In Fl# - F3# wurden die folgenden durchschnittlichen Konzentrationen an freigesetztem Morphin und Naloxon ermittelt:
Naloxon Morphin
Fl#: 4,63 nmol/1
F2#: Morphin nicht nachweisbar
F3#: 2,30 nmol/1 2,93 nmol/1
In F3# konnte Naloxon und Morphin in annähernd gleichen Konzentrationen nachgewiesen werden. Offensichtlich besitzt von den Substanzen in Bibliothek 1 nur Naloxon hohe Affinität zum Ziel-Molekül, während die übrigen Substanzen eine deutlich niedrigere Affinität besitzen. Da der identifizierte Ligand Naloxon und der Marker Morphin in gleichen Konzentrationen im Bindungsansatz B3# enthalten waren, kann geschlossen werden,
dass der freigesetzte identifizierte Ligand Naloxon eine Affinität zu Ziel-Molekülen besitzt, die im Bereich der Affinität des Markers Morphin liegt.
Ausführungsbeispiel 5:
Screening von Testsubstanzen hinsichtlich ihrer Affinität zu verschiedenen Ziel-Molekülen in nativen Materialien durch simultane Bestimmung der ungebundenen Anteile zweier verschie- dener Marker
5.1. Konzeption
SCH23390 und Spiroperidol besitzen hohe Affinität zu Di- bzw.
D2-artigen Rezeptoren im Zentralnervensystem und werden als Marker für die betreffenden Ziel-Moleküle eingesetzt. Als na- tives Material, das sowohl Di- als auch D-Rezeptoren in ausreichender Menge enthält, wird eine Membranfraktion aus dem Striatum des Schweinehirns verwendet. Testsubstanzen werden in einem Bindungsansatz gleichzeitig auf ihre Fähigkeit un- tersucht, die spezifische Bindung von SCH23390 an Di- Rezeptoren bzw. die spezifische Bindung von Spiroperidol an D2-Rezeptoren zu inhibieren.
5.2." Gewinnung des Rezeptormaterials Die Striata von 20 Schweinehirnen (Rohmasse 20 g) wurden im zehnfachen Volumen 0,32 mol/1 Sucrose mit einem Potter homogenisiert und bei 1000 g 10 min bei 4°C zentrifugiert. Der Überstand wurde bei 20000 g 10 min bei 4°C zentrifugiert. Die Pellets wurden in 50 mmol/1 Tris HCl, pH 7 , 4 (Puffer) resus- pendiert und bei 30000 g 10 min bei 4°C zentrifugiert. Der letzte Schritt wurde wiederholt. Die resultierende Membranfraktion wurde in flüssigem N2 eingefroren.
5.3. Bindungsansätze
In einem ersten Bindungsansatz (Bl) wurde ein 1,7 mg Protein enthaltendes Aliquot der Membranfraktion mit je 20 nmol/1 SCH23390 und Spiroperidol in 50 mmol/1 Tris HCl, pH 7,4 in einem Gesamtvolumen von 250 μl 40 min bei 25 °C in einem 1,5 ml PP-Reaktionsgefäß inkubiert. Anschließend wurden die Membranpartikel bei 50000 x g 20 min bei 4 °C abzentrifugiert. Vom Überstand (Ül) wurden 200 μl abgenommen.
Ein zweiter Bindungsansatz (B2), der zusätzlich Butaclamol in einer Konzentration von 100 μmol/1 enthielt, wurde analog Bl durchgeführt und lieferte Ü2. Ein dritter Bindungsansatz (B3), der als Testsubstanz Haloperidol in einer Konzentration von 1 μmol/1 enthielt, wurde analog Bl durchgeführt und lieferte Ü3. Ein vierter Bindungsansatz (B4), der als Testsub- stanz Chlorpromazin in einer Konzentration von 1 μmol/1 enthielt, wurde analog Bl durchgeführt und lieferte Ü4. Ein fünfter Bindungsansatz (B5), der als Testsubstanz Methylben- zoat in einer Konzentration von 1 μmol/1 enthielt, wurde analog Bl durchgeführt und lieferte Ü5. Alle Bindungsansätze Bl bis B5 wurden als Doppelbestimmung ausgeführt.
Ein weiterer Überstand Ü0 wurde in analoger Weise aus einem Ansatz gewonnen, der während der Inkubation weder SCH23390 noch Spiroperidol enthielt.
5.4. Quantifizierung des Markers
Die massenspektrometrische Bestimmung der Marker wurde an einem Applied Biosystems API 2000 mit TurbolonSpray-Quelle im MRM-Modus, an das ein Hewlett Packard HP1100 LC-System gekop- pelt war, durchgeführt. Die Marker SCH23390 und Spiroperidol wurden nebeneinander direkt in den Überständen Ü1-Ü5 mittels einer MRM-Methode, die auf den Massenübergängen von 288,1/91,1 für SCH23390 bzw. 395,9/122,9 für Spiroperidol basierte, gemessen und gegenüber externen Standards (1 nmol/1
bis 5 nmol/1 SCH23390 und Spiroperidol in Ü0) quantifiziert. Alle Proben wurden zweimal vermessen.
Säule: Superspher 60 RP select B 4 μm 125 x 2 mm mit 10 x 2 mm Vorsäule.
Laufmittel: 0,1 % HCOOH in Wasser / Acetonitril (65/35)
Fluß: 0,35 ml/min (isokratisch)
Probenvolumen: 20 μl (injiziert mittels Autosampier)
5.5. Auswertung
In Ü1-Ü5 wurden folgende Konzentrationen an ungebundenen Markern ermittelt (Mittelwerte aus Duplikaten und zweifacher LCMS-Bestimmung) :
SCH23390 Spiroperidol
Ül 2,88 nmol/1 1,93 nmol/1
Ü2 4,15 nmol/1 2,75 nmol/1
Ü3 2,77 nmol/1 2,78 nmol/1
Ü4 2,71 nmol/1 2,29 nmol/1
Ü5 2,71 nmol/1 1,89 nmol/1
Die jeweilige Differenz der Marker in Ül und Ü2 beschreibt die spezifische Bindung für SCH23390 und Spiroperidol (für SCH23390 1,27 nmol/1; für Spiroperidol 0,82 nmol/1) .
Von den untersuchten Testsubstanzen (Haloperidol, Chlorpromazin und Methylbenzoat) ist keine in der eingesetzten Konzentration von 1 μmol/1 in der Lage, die spezifische Bindung des Markers SCH23390 zu Di-artigen Rezeptoren zu inhibieren. Offensichtlich besitzt keine der untersuchten Testsubstanzen (in der eingesetzten Konzentration) Affinität zu Di-artigen Rezeptoren.
Methylbenzoat ist in der eingesetzten Konzentration von 1 μmol/1 nicht in der Lage die spezifische Bindung des Markers
Spiroperidol zu D-artigen Rezeptoren zu inhibieren. Methylbenzoat besitzt (in der eingesetzten Konzentration) offensichtlich keine Affinität zu D-artigen Rezeptoren.
Haloperidol inhibiert die spezifische Bindung des Markers Spiroperidol zu D2-artigen Rezeptoren vollkommen, während Chlorpromazin die spezifische Bindung des Markers Spiroperidol zu D2-artigen Rezeptoren nur zu ca. 50 % inhibiert. Haloperidol besitzt offensichtlich eine höhere Affinität zu D2- artigen Rezeptoren als Chlorpromazin.