Pharmazeutische Zusammensetzung zur Wund-, Narben- und
Keloidbehandlung
BESCHREIBUNG
Die Erfindung betrifft eine pharmazeutische Zusammensetzung zur Wund-, Narben- und Keloidbehandlung.
Bei vielen Menschen treten im Verlauf der Heilung von Haut¬ wunden überschießende Neubildungen von Narbengewebe auf. Diese Gewebsneubildungen werden im medizinischen Sprachge¬ brauch als Narbenhypertrophie, oder in gravierenden Fällen als Keloid bezeichnet. Es handelt sich dabei um veranlagungs¬ mäßig bedingte, unvorhersehbare Reaktionen bei der Wundhei¬ lung. Die Ursachen für eine überschießende Narbenbildung sind bisher nicht bekannt. Zur Zeit existiert daher auch kein wissenschaftlich begründetes kausales Behandlungsprinzip.
Zur Keloidbehandlung werden zahlreiche Methoden beschrieben (vgl. z.B. McCarthy/Convers "Plastic Surgery", Band 1, Seiten 732-747, W.B. Saunders, 1990). Sie basieren aber alle mehr oder weniger auf Empirie und sind im strengen wissenschaftli¬ chen Sinne nicht abgesichert. Dies liegt einerseits am man¬ gelnden Grundlagenwissen, aber auch daran, daß in der Praxis oft eine spontane Rückbildungstendenz unbehandelter Keloide beobachtet wird.
Daraus ergibt sich die überaus große Zahl von konkurrierenden Behandlungsmethoden, deren Wirksamkeit aber mit einem Zweifel behaftet ist, und von denen die wichtigsten nachfolgend kurz beschrieben werden.
Es ist zu unterscheiden zwischen mechanischen (physikali¬ schen) und medikamentösen (chemischen) Behandlungsmethoden.
Die mechanischen Behandlungsmethoden umfassen die Anwendung von Druck auf das Keloid durch äußere Kompressionsverbände, und die Applikation von Folien aus Siliconelastomeren. Sehr nachteilig dabei ist es, daß die Anwendung über Monate und Jahre erfolgen muß. Sie ist auch nicht in allen Körperregio¬ nen gleichermaßen einsetzbar; so ist z.B. am Hals eine Kom¬ pression in ausreichendem Maße nicht zu erreichen. Ausgedehn¬ te Kompressionsverbände bedeuten außerdem für den Träger stets eine erhebliche Einschränkung der Bewegungsfreiheit und Lebensqualität. Darüber hinaus schaffen sie auch erhebliche hygienische Probleme, insbesondere in der warmen Jahreszeit oder in warmen Ländern. Durch die mechanische Beanspruchung der verletzlichen Narbenhaut können Kompressionsverbände auch wieder zu erneuten Gewebsläsionen führen und die Keloidbil¬ dung damit erneut fördern.
Zu den physikalischen Methoden zählen weiter auch die Kälte¬ behandlung (Kryotherapie) und die Lasertherapie. Beide Metho¬ den erzeugen Gewebsnekrosen durch Kälte oder Hitze, wodurch die aktiven Bindegewebszellen und die FaserSubstanz innerhalb der Keloide zerstört werden. Die Keloide kollabieren vorüber¬ gehend, und es entstehen Gewebsdefekte. Bei der nachfolgenden Heilung dieser Defekte wandern erneut Bindegewebszellen ein, wodurch die Keloidbildung erneut einsetzt. Deshalb können mit diesem Behandlungsverfahren also immer nur kurzfristige Bes¬ serungen, aber keine endgültige Ausheilung erreicht werden.
Bei den medikamentösen Methoden muß zwischen äußerlich anzu¬ wendenden und injizierbaren Zubereitungen unterschieden wer¬ den.
Bei den äußerlich anzuwendenden Mitteln handelt es sich zu¬ meist um Salben mit den unterschiedlichsten Wirkstoffen, wie z.B. Hormone, Aminosäuren, Mucopolysaccharide. Auch Pflanzen¬ extrakte, z.B. aus Stechapfel, werden angewendet. Ein bevor-
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zugter Inhaltsstoff von Zubereitungen zur äußerlichen Behand¬ lung von Narben und Narbenkeloiden ist das Heparin (vgl. z.B. Pharmazie in unserer Zeit 10 (1981), Seite 168 bis 181).
Allen äußerlich anzuwendenden WirkstoffZubereitungen haftet der gleiche Nachteil an, nämlich daß die äußerliche Anwen¬ dung, d.h. das Auftragen auf die Haut über dem Keloid, keine ausreichenden Gewebsspiegel im Keloid selbst, das eine Dicke bis zu mehreren Zentimetern erreichen kann, gewährleistet. Durch die übermäßig gesteigerte Durchblutung innerhalb der Keloide werden die Wirkstoffe, sofern diese überhaupt die Hautbarriere durchdringen können, über den Blut- und Lymph¬ strom rasch abtransportiert. Die Diffusion der Wirkstoffe im Gewebe spielt deshalb bei der Verteilung nur eine untergeord¬ nete Rolle.
Für den Wirkstoff Heparin ist es außerdem bekannt, daß er die epidermalen Schichten nicht durchdringen kann. Damit ist die Wirkung extern anzuwendender Zubereitungen, wie z.B. Salben auf der Basis von Heparin, auf die Bindegewebszellen zweifel¬ haft. Es ist deshalb nicht auszuschließen, daß die mit Hepa- rin-haltigen Narbensalben erzielten Erfolge der Spontanhei¬ lung zuzuschreiben sind.
Bei den invasiven Behandlungsverfahren für Keloide werden Abkömmlinge des Hormons Cortisol (Hydrocortison) eingesetzt; wegen der bekannten gesteigerten Durchblutung innerhalb der Keloide und des damit verbundenen schnellen Abtransportes von Pharmaka werden dazu vorzugsweise die kristallinen, schwer¬ löslichen Formen verwendet, mit denen ein Depoteffekt er¬ reicht werden kann. Da Cortisol und seine Abkömmlinge die Zellen des Bindegewebes stark hemmen, sind gegenwärtig mit der invasiven Verabreichung (Injektion) pharmazeutischer Zubereitungen auf der Basis kristalliner Corticoide (Cortico- steoride) die quantitativ und qualitativ stärksten Verände¬ rungen bei Keloiden zu erzielen.
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Ein entscheidender Nachteil dieser Therapie mit Corticoiden ist jedoch die fehlende Steuerbarkeit der Reaktion. Daher kann es bei der praktischen Anwendung entweder zu einer uner¬ wünschten Narbenatrophie, d.h. zu einem Auseinanderweichen und Einsinken der Narbe mit entsprechender Entstellung kom¬ men, oder zu einer zu geringen Reaktion des Gewebes mit man¬ gelhaftem Behandlungserfolg.
Ein weiterer Nachteil der Corticoidtherapie ist in der syste¬ mischen Wirkung des gelösten Wirkstoffes zu sehen, wodurch sich die Anwendung bei großflächigen Keloiden oder bei Kin¬ dern verbietet.
Aufgabe der Erfindung ist die Bereitstellung einer pharmazeu¬ tischen Zusammensetzung zur Wund-, Narben- und Keloidbehand¬ lung, mit der die vorstehend bei bisherigen Behandlungsweisen auftretenden Nachteile, insbesondere die unerwünschten Be¬ gleiterscheinungen einer Corticoidtherapie, wie z.B. lokale Überreaktion, vermieden werden können, die leicht und erfolg¬ reich appliziert werden kann, und die vom Organismus abgebaut wird.
Diese Aufgabe wird mit der erfindungsgemäßen pharmazeutischen Zusammensetzung nach Patentanspruch 1 gelöst, die vernetzte Glykosaminglykane und übliche pharmazeutische Hilfs- und/oder Trägerstoffe enthält.
Zweckmäßige Ausgestaltungen davon sind Gegenstand der Ansprü¬ che 2 bis 15.
Weiterer Gegenstand ist auch ein Verfahren gemäß Anspruch 16 zur Herstellung der erfindungsgemäß n pharmazeutischen Zusam¬ mensetzungen.
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Mit den erfindungsgemäßen Zusammensetzungen ist es möglich, die unerwünschten Eigenschaften der Corticoidtherapie zu vermeiden. Es wurde nämlich gefunden, daß die erfindungsgemäß eingesetzten vernetzten Glykosaminglykane (GAG, Mucopolysac- charide) hemmend auf die Keloidbildung wirken, wenn sie nicht-topisch (intraläsional) appliziert werden. Dabei treten keine lokalen Überreaktionen wie bei den Corticoiden auf, und ebenso keine systemischen Wirkungen. Ein weiterer Vorteil ist die biologische Abbaubarkeit im Organismus.
Darüber hinaus lassen sich mit den erfindungsgemäßen Zusam¬ mensetzungen auch tiefe Narbenbildungen im Bindegewebe, wie z.B. die Dupuytreπ 'sehe Erkrankung der Handflächen oder die sogenannte Indura io penis plastica (IPP), die ohne voraus¬ gegangene Verletzung (Kontinuitätstrennung) entstehen, er¬ folgreich behandeln.
Unter erfindungsgemäß vernetzten Glykosaminglykanen sind solche zu verstehen, in denen 2 oder mehrere gleiche und/oder verschiedene Glykosaminglykane miteinander unter Bildung einer molekularen Einheit verbunden sind. Vorzugsweise er¬ folgt die Vernetzung durch Chelatbildung, Komplexbildung und/oder Salzbildung und insbesondere durch eine chemische Vernetzung.
Als Glykosaminglykane können natürliche oder synthetische Glykosaminglykane, oder auch damit chemisch verwandte Sub¬ stanzen eingesetzt werden. Sie können anionischen oder auch kationischen Charakter besitzen.
Als natürliche Glykosaminglykane werden vorzugsweise solche eingesetzt, die im menschlichen Bindegewebe vorkommen, insbe¬ sondere z.B. Hyaluronsäure, Heparin, Heparinsulfat, Chondroi- tinsulfat. Als synthetische Glykosaminglykane werden vorzugs¬ weise sulfatierte Polysaccharide eingesetzt. Mit Glykosamin-
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glykanen chemisch verwandte, erfindungsgemäß eingesetzte Substanzen sind vorzugsweise solche biologischen Ursprungs und insbesondere Chitosamin und Chitosan oder deren Derivate, wie z.B. N-Carboxybutylchitosan (vgl. R. Muzzarelli et al., Carbohydrate Polymers 11 (1989) 307-320). Die Bildung von Chelaten, schwerlöslicher Salze oder Komplexe der Glykosamin¬ glykane, die ebenfalls eine Vernetzung im erfindungsgemäßen Sinne darstellt, erfolgt durch einen Zusammenhalt durch ioni¬ sche Kräfte, wie sie für derartige Chelate, Salze oder Kom¬ plexe üblich ist.
Die Herstellung der erfindungsgemäß verwendeten vernetzten Glykosaminglykane kann auf an sich bekannte Weise erfolgen. Die chemische Vernetzung erfolgt dabei im allgemeinen durch Vernetzung mit bifunktionellen reaktiven Agentien, wie z.B. Glutaraldehyd oder Carbodiimid; über bifunktionelle Aminosäu¬ ren, z.B. Lysin, Protamine oder Albumine, können z.B. aber auch Vernetzungen über Amidbindungen hergestellt werden. Werden synthetisch hergestellte Glykosaminglykane oder Analo¬ ge davon erfindungsgemäß eingesetzt, so können diese bereits bei der Herstellung primär vernetzt werden, so daß eine wei¬ tere Behandlung zur Vernetzung nicht erforderlich ist. Zum Teil sind derartige Glykosaminglykane bereits im vernetzten Zustand handelsüblich erhältlich und können dann direkt er¬ findungsgemäß eingesetzt werden (z.B. "Hylon" und "Hylagel", eine vernetzte Hyaluronsäure der Fa. Biomatrix, NJ, USA; zur Herstellung vgl. auch US-A-4713448, US-A-4605691) .
Vorzugsweise werden identische Glykosaminglykane vernetzt und dann erfindungs emäß eingesetzt, aber auch die Kombination von zwei oder mehreren verschiedenen oder zum Teil verschie¬ denen Glykosa inglykanen ist erfindungsgemäß möglich. In einer besonders bevorzugten Ausführungsform werden extrem langkettige Glykosaminglykane (Molekulargewicht vorzugsweise zwischen 100000 bis 1000000) eingesetzt; dabei kann der Ver-
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netzungsgrad dann gering bleiben. Die Produkte sind praktisch proteinfrei.
In einer besonders bevorzugten Ausführungsform der Erfindung wird als vernetztes Glykosaminglykan intermolekular vernetz- tes Heparin eingesetzt.
Die intermolekulare Vernetzung von Heparin kann z.B. auf folgende Weise durchgeführt werden: Handelsüblich erhältli¬ ches Heparin wird mit verdünnter Salpetersäure behandelt, wodurch am Heparin reaktive Aldehydgruppen ausgebildet wer¬ den; danach erfolgt eine reduktive Animierung mittels NaBH3CN. Über die freien A inofunktionen des Heparins werden kovalente Bindungen zwischen den einzelnen Heparinketten (End- und Seitenketten) ausgebildet.
Eine Vernetzung des Heparins durch Komplexbildung erfolgt vorzugsweise mit Protaminen, Gentamycin oder Vancomycin, Metallionen wie z.B. Fe2 + , Zn2+ .
Die erfindungsgemäßen pharmazeutischen Zusammensetzungen enthalten die vernetzten Glykosaminglykane vorzugsweise in Mengen von 0,1 bis 20 Gew.-%, bezogen auf die gesamte pharma¬ zeutische Zusammensetzung, insbesondere in einer Menge von 0,5 bis 10 Gew.-% und besonders bevorzugt in einer Menge von 1 bis 5 Gew.-%.
Die erfindungsgemäßen pharmazeutischen Zusammensetzungen können in Form von intraläsional applizierbaren Zubereitungen vorliegen und insbesondere in Form injizierbarer Gele, vor¬ zugsweise mit einem Wassergehalt von 80 bis 99 Gew.-%, oder aber auch als wasserfreie Vorstufe, z.B. lyophilisiertes Pulver in Form eines Puders. Als pharmazeutische Hilfs- und Trägerstoffe können hierfür übliche, für die erfindungsgemäße Anwendung geeignete und mit den vernetzten Glykosaminglykanen
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kompatible Stoffe eingesetzt werden. Der bevorzugte Träger¬ stoff ist Wasser.
Als pharmazeutische Hilfsstoffe können die erfindungsgemäßen pharmazeutischen Zusammensetzungen, z.B. Mittel zur pH-Wert- Einstellung, Stabilisierungsmittel, Antioxidantien, Lösungs-' vermittler, penetrationsfördernde Mittel, Konservierungsmit¬ tel und/oder Gelbildner enthalten, wie sie in derartigen Zusammensetzungen üblicherweise verwendet werden. Sie werden in den in derartigen Zubereitungen üblichen Mengen verwen¬ det.
Die erfindungsgemäßen pharmazeutischen Zusammensetzungen können gegebenenfalls neben den eigentlichen Wirkstoffen (vernetzte Glykosaminglykane) auch noch weitere pharmazeuti¬ sche Wirkstoffe, die mit den vernetzten Glykosaminglykanen im Rahmen der Applikation verträglich sind, enthalten, z.B. Wirkstoffe zur Therapie von Hauterkrankungen (Dermatosen) , Antibiotika (insbesondere Antibiotika mit gegenpoliger La¬ dung, wie z.B. Gentamycin und Vanco ycin mit positiver Ladung für z.B. vernetztes Heparin, oder z.B. Penicilline oder Ce- phalosporine mit negativer Ladung für z.B. vernetztes Chitos- amin) , Sulfonamide, Desinfektionsmittel, Hormone (z.B. Corti¬ coide) und Hormonabkömmlinge (z.B. Cortisol), lokale Anästhe- tika, z.B. vom Typ des Lidokains oder Novokains, vasoaktive Substanzen zur Gefäßkonstriktion (Vermeidung von Blutungen), Adrenalin, Enzyme wie z.B. Hyaluronidase, Interleukine, Wachstumsfaktoren (growth factor) z.B. EGF, PDGF und/oder IGF, Hautpflegemittel und/oder durchblutungsfördernde (hyper- ämisierende) Mittel. Diese Stoffe können, wie z.B. Antibioti¬ ka mit gegenpoliger Ladung, an die Glykosaminglykane fest gebunden vorliegen, also als Bestandteil der vernetzten Gly¬ kosaminglykane, und werden dann mit dem Abbau der vernetzten Glykosaminglykane freigesetzt, oder aber sie können nach Art eines "controlled release"-Systems freigesetzt werden.
Bei der erfindungsgemäß bevorzugten Applikation in Form einer Injektion können die Zubereitungen z.B. zur Vermeidung von Schmerzen beim Einstich mit der Injektionskanüle Lokalanä- sthetika enthalten. Als Antibiotikum enthalten die Zuberei¬ tungen vorzugsweise ein anionisch oder kationisch geladenes Molekül, z.B. Gentamycin, das gegenionisch an die vernetzten Glykosaminglykane gebunden wird und damit in loco fixiert bleibt, wodurch die Wirkung entsprechend verlängert wird.
Die Herstellung der erfindungsgemäßen Zusammensetzungen kann auf eine für die Herstellung derartiger Zusammensetzungen an sich übliche, allgemein bekannte Weise erfolgen. Dabei ist die Reihenfolge der Vermischung der einzelnen Bestandteile in der Regel nicht kritisch.
Gegenstand der Erfindung ist auch ein Verfahren zur Herstel¬ lung der erfindungsgemäßen Zusammensetzungen gemäß Anspruch 16, das dadurch gekennzeichnet ist, daß man das vernetzte Glykosaminglykan und die übrigen Bestandteile in dem pharma¬ zeutischen Träger löst. Als pharmazeutischer Träger wird vorzugsweise Wasser verwendet, und zweckmäßigerweise arbeitet man unter Erwärmen und nachfolgender Abkühlung. Zum Schutz vor Oxidation kann es zweckmäßig sein, unter einer Inertgas¬ atmosphäre, insbesondere unter Stickstoff, zu arbeiten.
Die Art, Dosis und Häufigkeit der Verabreichung der erfin¬ dungsgemäßen Zusammensetzung richtet sich insbesondere nach der Schwere der Erkrankung und dem Allgemeinzustand des Pa¬ tienten, aber auch ganz-allgemein nach dem Zustand und der Empfindlichkeit der Narbe der Haut. Werden die erfindungsge¬ mäßen Zusammensetzungen in Form topisch applizierbarer Zube¬ reitungen verabreicht, so entspricht die Verabreichung in der Regel den für derartige Zusammensetzungen üblichen Bedingun¬ gen.
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Die Art der Behandlung und die Häufigkeit der Applikation richtet sich insbesondere auch nach dem individuellen Anspre¬ chen der zu behandelnden Person. Vorzugsweise erfolgt eine Applikation von Gelen in Abständen von 1 bis 2 Monaten.
Wenn die erfindungsgemäßen Zusammensetzungen in Form inji¬ zierbarer Gele intraläsional appliziert werden, was in erster Linie der Fall ist, so geschieht dies vorzugsweise durch Injektion mit Hilfe feiner Kanülen und mit druckfesten Sprit¬ zen. Die erfindungsgemäßen Gele können aber auch mit Hilfe von Druckluftgeräten percutan eingeschossen werden; hierfür können Druckluftgeräte verwendet werden, wie sie in der Medi¬ zin für eine derartige Applikation bekannt sind.
In einer besonders bevorzugten erfindungsgemäßen Ausführungs¬ form enthält die pharmazeutische Zubereitung in Form eines injizierbaren Gels vernetztes Heparin als vernetztes Glykosa- minglykan. Während z.B. die Injektion von unvernetztem Hepa¬ rin nicht in Frage kommt, weil Heparin die Blutgerinnung hemmt und außerdem rasch über das Gefäßsystem aus der Läsion abtransportiert wird, und dann, ähnlich wie die Corticoide, systemisch wirkt, verliert das Heparin in der erfindungsge¬ mäßen vernetzten Form die blutgerinnungshemmenden Eigenschaf¬ ten und kann nicht über Blut- und Lymphbahnen abtransportiert werden. Es bleibt deshalb über Wochen und Monate nach Injek¬ tion am Ort der Applikation im Keloidgewebe wirksam. Der Abbau erfolgt vornehmlich über die Phagozytose durch speziel¬ le Zellpopulationen.
Unter Verwendung der erfindungsgemäßen Zusammensetzungen, die vernetzte Glykosaminglykane enthalten, treten auch keine lokalen Überreaktionen und keine systemischen Wirkungen auf, wie dies bei den Corticoiden der Fall ist. Ein weiterer Vor¬ teil ist die biologische Abbaubarkeit im Organismus. So kann z.B. die intraläsionale Applikation durch Injektion in Ab¬ ständen von 4 bis 8 Wochen wiederholt werden.
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Ein Vorteil der bevorzugten erfindungsgemäßen Zubereitungen in Form injizierbarer Gele und deren intraläsionale Applika¬ tion besteht auch darin, daß nach Abheilung der Injektions¬ stellen keinerlei hygienische Zusatzmaßnahmen erforderlich sind. Es können alle Körperregionen gleichermaßen behandelt werden, und die Beweglichkeit der Patienten wird nicht durch Verbände eingeschränkt. Durch die Behandlung mit den erfin¬ dungsgemäßen Zubereitungen kann auch ein Auftreten oder Wie¬ derauftreten von Keloiden verhindert werden, was ihre präventive Wirkung zeigt.
Gegenstand der Erfindung ist deshalb auch die Verwendung vernetzter Glykosaminglykane zur Behandlung von Wunden, Nar¬ ben und in erster Linie Keloiden, und zur Herstellung einer pharmazeutischen Zusammensetzung zur Wund-, Narben- und Keloidbehandlung. Als vernetztes Glykosaminglykan werden dabei vorzugsweise die vorstehend bevorzugt genannten ver¬ netzten Glykosaminglykane verwendet.
Eine besondere Anwendungsform zur Prävention von Keloiden oder kontrakten Narben ist die Applikation von wasserfreien Vorstufen der vernetzten Glykosaminglykane (z.B. als Lyophi- lisat) in Form eines Wundpuders in frischen Wunden. Das Puder wird dabei vor dem Wundverschluß in die offene Wunde oder Wundhöhle gestreut. Dann erfolgt der Wundverschluß durch Naht, durch Klammern o.a.. Das Puder nimmt in der Wunde Was¬ ser aus dem Gewebe auf und entspricht dann der erfindungsge¬ mäßen Zubereitung in Form eines Gels bzw. stellt selbst eine erfindungsgemäße Zubereitung dar.
Puder- oder Gelform können zur Verhinderung von unerwünschten Verwachsungen auch in große Körperhöhlen eingebracht werden, z.B. in die Bauch- oder Brusthöhle, während eines chirurgi¬ schen Eingriffes am Darm oder an der Lunge, in den Herzbeu¬ tel, oder nach chirugischen Eingriffen über liegende Draina-
gen. Bei entzündlichen Ergüssen in große Körperhöhlen kann die erfindungsgemäße Zubereitung auch nach Punktion und Ent¬ leerung des Ergusses über die liegende Kanüle eingebracht werden.
Auch in von außen zugänglichen Höhlen und Gänge des Körpers kann die erfindungsgemäße Zubereitung eingebracht werden, z.B. in die Nasenhaupt- und -nebenhöhlen bzw. Nasengänge oder in die Tränenkanäle zur Verhinderung narbiger Verwachsungen, eventuell auch auf einem geeigneten Träger (z.B. Tampon) .
Aus der US-A-4605691 ist es bekannt, vernetzte Gele von Hya- luronsäure, allein oder zusammen mit anderen hydrophilen Polymeren, in kosmetischen Formulierungen zu verwenden. R. Muzzarelli et al. (I.e.) beschreiben auch die Verwendung von N-Carboxybutylchitosan als Bestandteil für kosmetische Zube¬ reitungen.
Es wurde nun überraschenderweise gefunden, daß sich auch die vorstehend beschriebenen erfindungsgemäßen vernetzten Glyko¬ saminglykane hervorragend als Träger oder Bestandteil für Kosmetika und Hautpflegemittel eignen.
Gegenstand der vorliegenden Erfindung ist deshalb auch die Verwendung von wie vorstehend beschriebenen vernetzten Glyko- saminglykanen, ausgenommen vernetzte Hyaluronsäure oder ver¬ netztes N-Carboxy-butylchitosan, für Kosmetika oder als Hautpflegemittel. Insbesondere werden hierfür die vorstehend bevorzugt genannten und- differenziert beschriebenen erfin¬ dungsgemäßen vernetzten Glykosaminglykane verwendet.
Die kosmetischen Zubereitungen und die Hauptpflegemittel können in für solche Zubereitungen üblichen Formen vorliegen, z.B. als topisch applizierbare Cremes, Salben, Lotionen und insbesondere als Gele. Sie können weitere dafür übliche
Hilfs- und/oder Trägerstoffe, die mit den erfindungsgemäßen vernetzten Glykosaminglykanen kompatibel sind, enthalten. Daneben können sie auch die vorstehend in Zusammenhang mit den pharmazeutischen Zubereitungen genannten Hilfsstoffe und/oder weiteren Wirkstoffe enthalten, sofern sie mit den vernetzten Glykosaminglykanen im Rahmen der Applikation ver¬ träglich und zweckmäßig sind.
Die nachfolgenden Beispiele sollen die Erfindung näher erläu¬ tern, ohne sie darauf zu beschränken.
Beispiel 1
Herstellung eines injizierbaren Gels aus den folgenden Be¬ standteilen:
Bestandteil Menge vernetzte Hyaluronsäure 0,004 g
("Hylagel" der Fa. Biomatrix, NJ, USA)
Lidocainhydrochlorid 0,02 g
Wasser, gereinigt
(DAB 9) auf 1,0 g
Die Bestandteile werden unter Stickstoffatmosphäre unter Rühren und kurzem Erwärmen gelöst; nach dem Abkühlen wird ein farbloses, klares Gel erhalten; pH-Wert: 7,00 ± 0,1.
Das Gel wird in druckfeste Durchstichampullen eingefüllt und verschlossen. Danach wird eine Hitzesterilisation durchge¬ führt und das Gel unter Lichtschutz aufgehoben.
Anwendunσsbeispiel 1
Es wird die Behandlung eines ca. 3 cm x 5 cm großen dunkelro¬ ten erhabenen Keloids beschrieben, das bei einer 30-jährigen Frau am Rücken nach einer tangentialen Schnittverletzung durch eine zerbrochene Glasscheibe bestand.
Die Patientin klagte über Juckreiz im Bereich des Keloids. Das Keloid wurde im Abstand von 4 bis 8 Wochen insgesamt vier Mal mit vernetzter Hyaluronsäure (Hylon) durch Injektion infiltriert. Bereits wenige Stunden nach der ersten Injektion verschwand der Juckreiz. Innerhalb von zwei Wochen blaßte das Keloid deutlich ab und nach vier Wochen war bereits eine Abflachung zu erkennen. Nach ca. 6 Monaten war eine blasse, nur gering erhabene Narbe
Anwendungsbeispiel 2
Es wird die Behandlung eines Keloids in den Unterbrustfalten (rechts und links) beschrieben, das bei einer Patientin nach operativer Brustkorrektur auftrat.
Die Keloide wurden mehrfach mit konservativen Methoden (Ex- terna) behandelt und wiederholt ausgeschnitten. Nach der letzten Ausschneidung wurde während der Operation vernetzte Hyaluronsäure in die Wundränder rechts injiziert. Dann wurde seitengleich vernäht. Die Fäden wurden rechts und links nach zwei Wochen entfernt. Nach vier Wochen war die unbehandelte Narbe links deutlich mehr erhaben und mehr gerötet als die rechte mit Hyaluronsäure behandelte Narbe. Außerdem konnte das Wiederauftreten eines Keloids rechts erfolgreich verhin¬ dert werden. Dies zeigt auch die präventive Wirkung der er¬ findungsgemäßen pharmazeutischen Zubereitung.
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